Macrons Bewegung und seine wirtschaftspolitschen Eckpunkte

Die Wahlbewegung  Macrons “En Marche” in Frankreich und deren  Ausgang setzen einen Trend gegen traditionelle Parteienstrukturen wie schon zum Beispiel  in Griechenland, Italien oder Spanien fort. Insbesondere  in Hinblick auf die Nationalratswahlen im Oktober in Österreich lohnt es, sich mit neuesten Entwicklungen in Europa auseinanderzusetzen, um sozialdemokratische Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu geben.  

Philipp Novak − Vorstandsmitglied im VGW − berichtete  im Rahmen einer Arbeitssitzung des VGW über seine Beobachtungen und Gespräche über die Bewegung von Emmanuel Macron und dessen Wirtschaftsprogramm. Er hatte bereits frühzeitig zu “En Marche” Kontakte hergestellt, war unter anderem in der Wahlkampfzentrale von “En Marche”  und  am Wahltag in Paris auch vor Ort,

Emmanuel Macron hatte seine Bewegung “En Marche” erst ein knappes Jahr vor der Präsidentschaftswahl, am 6. April 2016 gegründet. Diese Bewegung, die keine klassischen Parteistrukturen aufweist, zwischenzeitlich über 300.000 Mitglieder hat und auf die Mitarbeit von Freiwilligen angewiesen ist, bemüht sich um eine Vereinigung aller Reformer, die bisher bei den Sozialisten, Zentristen (MoDem) bzw. den Republikanern Mitglied waren.

Dadurch wird die klassische Links-Rechts-Unterscheidung des Parteiensystems in einen Gegensatz von Reformern und Nicht-Reformern, von Progressiven und Konservativen transformiert. Es handelt sich um eine Philosophie, die trotz aller Heterogenität bzgl. unterschiedlicher Werte die Problemlösung vor die Ideologie stellt.

Laut Macron beruht ein progressives Projekt, auf einem Wachstumsmodell, in dem man zuerst produziert, bevor man umverteilt. Es geht um den Übergang von den Institutionen eines staatszentrierten Wirtschaftssystems der Nachkriegszeit, das in den Jahren bis 1975 funktionierte (sog. “Trente glorieuses”), zu einer Ökonomie, die von Innovation angetrieben wird und andere Institutionen benötigt.

Das Programm von En Marche wurde von mehr als 40 Ökonomen, wie Jean Pisani-Ferry und Olivier Blanchard, mitentwickelt bzw. unterstützt und bemüht sich um die Kombination der Prinzipien Flexibilität und Sicherheit, Sparen und Investieren, Deregulierung und Sozialpartnerschaft.

 

Ziel der Strukturreformen ist es, allen ein höheres Einkommen zu verschaffen. Hier ist v.a. die Senkung der Lohnnebenkosten für Durchschnittsverdiener um 500€ pro Jahr und für Unternehmer um 2200 € pro Jahr und Arbeitnehmer zu nennen. Der hohe Mindestlohn  soll angesichts der Arbeitslosigkeit vorerst nicht weiter steigen.

Eine Steuerreform soll die Überbesteuerung der Kapitalerträge (bis zu 120%) auf 30% bzw. 25% für Unternehmen reduzieren. 2 Millionen Personen sollen durch Qualifikationsmaßnahmen ausgebildet werden. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld soll umfassend ausgeweitet werden. Ebenso ist die Entprekarisierung der Arbeit Teil des Programms. Unternehmer, die befristete Beschäftigungsverhältnisse schaffen, sollen höhere Sozialabgaben bezahlen, während jene, die stabile Beschäftigung schaffen, geringere Sozialabgaben zu leisten haben.

 Der Staatssektor soll durch Verwaltungsreformen, wie zum Beispiel der Reduktion der Anzahl der Départements um ein Viertel, effizienter werden. Insgesamt sollen in den nächsten fünf Jahren 60 Mrd.€ eingespart und 50 Mrd.€ investiert werden. Der soziale Dialog soll durch Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezüglich der effektiven Arbeitszeit zur Aufweichung der 35-Stunden-Woche gefördert werden.

 

Im Hinblick auf Reformen der Europäischen Union schlägt Macron eine Steuerharmonisierung und Steuerbetrugsbekämpfung, die Schaffung eines “Buy European Act” sowie ein Eurozonenbudget vor, das beispielsweise durch die Bereitstellung von Risikokapital die Vorbereitung der europäischen Wirtschaft auf die Digitalisierung fördern kann.

Abschließend erklärte Novak, dass Macrons Reformdynamik mit dem Einsatz für eine effizientere Verwaltung, weniger Schulden, mehr Innovation und mehr Dynamik am Arbeitsmarkt im Sinne einer modernisierten Sozialdemokratie ebenso ein Vorbild für andere Länder in ganz Europa sein kann. Als Beispiel nannte er die Bewegung “In Cammino” von Matteo Renzi.

Summa summarum kann festgehalten werden, dass sich viele vorgeschlagene Maßnahmen von Macron auch im Plan-A  von Christian Kern wiederfinden. Unsere sozialdemokratische  Bewegung für Österreich hat nunmehr die umfangreich erarbeiteten Zukunftslösungen für Arbeit, Bildung, Verteilung, Sicherheit und Verwaltung  glaubhaft und verständlich zu kommunizieren.