Rückblick: "Wirtschaftsstandort Österreich, Quo Vadis?"

Wirtschaft und Arbeit
Mittwoch,
10
.9.
2014
 
Wien
Verein für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften

Folien von Konrad Pesendorfers Vortrag zum Download

VGW-Vorsitzender Johann Moser leitete die Veranstaltung mit dem Hinweis auf die zahlreichen internationalen Rankings ein - vom „World Competitivness Report“ über den Globalisierungsindex, Index of Economic Freedom , Korruptionsindex, Länderbewertungen durch Ratingagenturen bis zu den Länderberichten der OECD. Bei all den Berichten stelle sich die Frage nach deren Aussagekraft und den daraus folgenden wirtschaftspolitischen Ableitungen.

Er verwies auch auf die vorhandenen nationalen Standortkataloge für Direktinvestitionen, die insbesondere die harten und weichen Standortfaktoren und deren Vorteile für internationale Investoren hervorheben.

GD Konrad Pesendorfer erklärte in seinen Ausführungen den Rückfall vom 16. auf den 21. Rang beim  Bericht des World Economic Forums damit, dass Österreich bei den betrachteten Indikatoren wertmäßig gleich blieb, andere Länder sich hingegen verbesserten.

Danach analysierte er den Standort Österreich aus einer dreifachen Sichtweise:

  1. Aus Sicht  der Unternehmer und  Manager sind die Steuersätze, die starke Arbeitsplatzregulierung, die ineffiziente Bürokratie und die Steuerregulierung problematisch. Ein Faktencheck korrigiert aber dergestalt,
    • dass bei der Abgabenbelastung auf Arbeit Österreich an dritter Stelle nach Italien und Belgien steht, wobei die Sozialversicherungsbeiträge auch noch eine gedeckelte „flat tax“ sind,
    • dass bei der Vermögensbesteuerung Österreich sowohl im OECD- als auch EU-Vergleich  Schlusslicht ist, und
    • dass Österreich bei der Arbeitslosigkeit im EU-Vergleich Letzter ist  und dies bei der fünfthöchsten Erwerbsquote (75,5%).
  2. Aus Sicht der Finanzinvestoren (Rating-Agenturen), die in ihrer Bewertung auf die ökonomische Stärke (Wirtschaftswachstum), auf die institutionelle Stärke(Effektivität des Regierens)  und die öffentlichen Finanzen (Schuldenstand, Belastung aus Zinszahlungen, Einnahmen) eingehen, liegt Österreich mit seiner AAA-Bewertung sehr gut. Hinzuweisen ist aber auf die Empfänglichkeit möglicher Risiken des Osteuropa-Engagements der Banken sowie der starken außenwirtschaftlichen Verflechtung. Zehntausend ausländische Unternehmen oder ein Direktinvestitionsstand in Höhe von 39,3% des BIP bestätigen obige Einschätzung.  Im Durchschnitt fließen p.a. € 9,0 Mrd. an Direktinvestitionen nach Österreich.
  3. Aus Sicht der in Österreich lebenden Menschen gibt es mit 79% „ ziemlich und sehr Zufriedenen“ einen beachtlichen Wert. Berücksichtigt werden dabei mittelbare (Bildung, Alter) und unmittelbare (Einkommen) Faktoren.

Pesendorfer schlägt zur Hebung des Zukunftspotenzials vor,

  1. „Global denken!“,
    d.h. sich auf kein Lohndumping einlassen (sichert Einkommen und erhöht Nachfrage),
    d.h. sich auf Spezialisierung und technologische Kompetenz konzentrieren (Clusterbildung, Ansiedlung von Unternehmen, Verlängerung der Wertschöpfungskette),
    d.h. in den Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte eintreten ( Entwicklung einer Willkommenskultur, Zuwanderung als Bereicherung erkennen).
  2. Investitionen in die Bildung, wobei insbesondere auf Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung zu achten ist. Derzeit gibt es hohe Ausgaben bei geringen Resultaten.
  3. Förderung von  Innovation sowie von F&E, zum Beispiel Entwicklung  von Technologieclustern.
  4. Investitionen in gute Lebensbedingungen, d.h. unter anderem Infrastruktur, Umwelt, soziale Sicherheit.
  5. Fokussieren der öffentlichen Mittel, d.h. wofür wir Geld aufwenden wollen.

In der intensiv geführten Diskussion wurden  Themen wie Willkommenskultur in Österreich, Veränderungsangst, Auslagerung von Produktionen, Arbeitsmarkt- und Sozialstandards, Brain Drain, außenwirtschaftliche Verwundbarkeit, Steuer- versus Lohnnebenkostensenkung, Effizienz der Bildungsausgaben, Zentralmatura, One-Stop-Shops  sowie eine aktive Rolle der Banken diskutiert.

Moser bedankte sich bei den über fünfzig TeilnehmerInnen und forderte schließlich eine notwendige „Volkswirtschaftliche Alphabetisierungswelle“.

Die künftigen Veranstaltungen zum Standortthema - die nächste findet am 16. Oktober statt - sollen dazu weiterhin wesentliche Beiträge zum Verständnis und zu den Möglichkeiten liefern.

Bericht: Johann Moser und Marko Koren

Der VGW (Verein für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften) ist die Wirtschaftsgruppe innerhalb des BSA (Bund Sozialistischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen). Seit April  2014  ist der Ökonom und Ex-Wirtschaftssprecher der SPÖ, Mag. Johann Moser, Vorsitzender.

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